Ein Interview mit Markus Raunig

Der Startup-Experte Markus Raunig und Geschäftsführer von Austrian Startups erzählt uns vom Start-Up Universum und wie er GF wurde.

Markus Raunig studierte an der Wirtschaftsuniversität Wien und nahm mit seinem Team rund um das Startup Eagr an der Future Founders Challenge 2016 teil. Anschließend gründete er mit sponsor.bar ein weiteres Startup mit. Bereits 2013 organisierte er die Pioneers Challenge im Rahmen des Pioneers Festivals. Seit Jänner ist er neuer Geschäftsführer von Austrian Startups. Unser Mitarbeiter Felix Kamml hat den Startup-Experten zum Interview für den Rudolf Sallinger Fonds getroffen:

Als du an der Future Founders Challenge teilgenommen hast warst du noch ein Teil des Projektes Eagr. Könntest du kurz zusammenfassen, worum es dabei gegangen ist?

Markus Raunig: Eagr war eine App für intelligente Empfehlungen zur Freizeitgestaltung. Der User erhielt Veranstaltungsvorschläge und konnte mittels Swipe-Mechanismus auswählen, ob ihn das Event interessierte oder nicht. Die App konnte so userbasiert dazulernen und bessere Vorauswahlen treffen. Diese waren sowohl auf die jeweiligen Interessen, als auch mittels Social Media Integration auf den Freundeskreis der User abgestimmt. Unsere Vision war es ein Tool zu kreieren, mit dem die Menschen auf einem Blick alle für sie relevanten Freizeitaktivitäten abrufen können und so auch Zugang zu Events finden die sonst außerhalb ihrer Blase, sprich ihrem Freundeskreis, stattfinden.

Wie hattet ihr vor, damit Gewinn zu erwirtschaften?

Raunig: Ursprünglich hatten wir vor Ticketing für die Veranstaltungen anzubieten. Allerdings stellte sich schon früh heraus, dass das für Startups ein extrem schwieriger Markt mit etablierten Playern und exklusiven Agreements ist. Ohne einer großen Community und unzähligen persönlichen Kontakten hat man hier kaum eine Chance wirtschaftlich zu überleben. In weiterer Folge haben wir überlegt, Eagr stärker als Marketing Kanal auszurichten. Hier war unser Business Case jedoch nicht mehr so attraktiv. Gegen Ende planten wir vermehrt die Corporate Seite zu beliefern. Als eine Art Event Intelligence wollten wir Anbieter mit Eventplänen unterstützen, indem wir Ihnen raten wo und wann Events für welche Zielgruppe interessant sein könnten und mit welchen Schlagworten sie sie bewerben sollten.

Leider hat sich zu dem Zeitpunkt schon abgezeichnet, dass Event-Apps eine Art Red Flag für Investoren sind. International gesehen gibt es hier viele kleine Startups, die jedoch zumeist daran scheitern eine ausreichende Userbase zu generieren. Viele Investoren sagten uns damals, wir seien eine echt coole Truppe und sie würden gerne mit uns zusammenarbeiten, jedoch nicht mit diesem Projekt.

Wann fiel eure Entscheidung Eagr aufzugeben und euch etwas neuem zu widmen?

Raunig: Es war ein laufender Prozess und mit der Zeit haben wir immer mehr realisiert, dass es schwierig wird, damit unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Als wir zusammen zum University Startup Lab nach Copenhagen fuhren gaben wir dem Projekt Eagr quasi eine letzte Chance. Obwohl wir erneut den Best Pitch Award gewannen, ging auch dort das Feedback der Investoren in die Richtung, dass sie in eine solche App nur investieren würde, wenn schon eine aktive Userbase vorhanden ist. Deshalb sprechen wir momentan auch mit etablierten Playern aus dem Freizeit-Bereich über eine potenzielle Übernahme von Eagr.

Das Scheitern mit Eagr hat euch jedoch nicht vom Gründen abgehalten. Wie ist es anschließend zur Gründung von sponsor.bar gekommen?

Raunig: Michael König [Senior Lecturer, WU Wien] hat gefragt, ob ich nicht einmal in seine Vorlesung Einführung in die Betriebswirtschaftslehre kommen will, um mein Startup Vorzustellen. Ich pitchte also an der Sommeruni vor einem gut gefüllten Audimax über das Projekt und erzählte von meinen Learnings, damit die Studenten eventuell einmal nicht dieselben Fehler machen müssen wie wir. Ich erwähnte außerdem, dass wir auf der Suche nach einem Programmierer seien, und nach der Vorlesung kam ernsthaft jemand aus dem Publikum auf mich zu, der sagte, er sei Programmierer und er finde die Idee von Eagr ziemlich cool. So hatten wir mit Markus Mühlberger endlich die auch die technische Seite im Team abgedeckt.

Als sich jedoch das Ende von Eagr abgezeichnet hat, wollten wir unbedingt wieder ein neues Projekt starten. Also sind wir in uns gegangen und sind gemeinsam mit Markus auf das Problem gestoßen, dass jeder kleine Verein, jede Initiative und jede Veranstaltung für gewöhnlich sehr viel Arbeitsaufwand in sein Fundraising investieren muss. Wir begannen an einer effizienteren Lösung zu arbeiten und daraus ist dann sponsor.bar entstanden, ein Tool, das Sponsoren und Sponsorensuchende mittels Datenanalyse und Aufbereitung effizient mit einander verknüpft. Das initiale Feedback war bislang sehr positiv und ich glaube fest daran, dass die Idee großes Potential hat, auch wenn ich mittlerweile nur noch im Advisory Board bin, weil sich für mich eine andere Herausforderung ergeben hat.

Welche Erfahrungen, die du mit Eagr gemacht hast, halfen dir konkret bei der Arbeit an sponsor.bar weiter?

Raunig: Zu Beginn hätten wir unser Geschäftsmodell noch genauer ausarbeiten und die Branche besser verstehen sollen. Es gibt zahlreiche Stories und Hintergründe ähnlicher Startups, aus denen man vorab schon viel lernen kann. Als wir Eagr starteten sahen wir, dass es kaum erfolgreiche Eventfinderapps, doch wir wussten nicht, dass das zumeist nicht den schlechten Projekten, sondern eher an den äußeren Umständen scheiterte. Ein paar ausführliche Backgroundchecks hätten uns sicher die eine oder andere Nacht Kopfzerbrechen erspart. Bei sponsor.bar haben wir uns von Anfang an stärker mit unserm Zielmarkt beschäftigt. Außerdem haben wir einen viel direkteren Kontakt zu Investoren gesucht und auch diejenigen, die wir nicht einmal wirklich kannten, einfach angesprochen und ihnen von unserer Idee erzählt. Auch wenn nicht immer Geld kommt, können einem die meisten Investoren auch mit Ratschlägen und ihrem Netzwerk helfen. Wir stehen mit sponsor.bar beispielsweise in regem Austausch mit Markus Lang von Pioneers Ventures und treffen uns monatlich, einfach nur um ihn auf dem Laufenden zu halten. Er hat als Investor natürlich eine andere Sicht auf manche Probleme und schlägt daher auch ganz andere Lösungsansätze vor. Aktuell steht sponsor.bar kurz vor dem Launch des Vermittlungstools.

Du hast dich jedoch, wie bereits angesprochen, aus dem Projekt zurückgezogen, weil du bei Austrian Startups die Geschäftsführung übernommen hast. Hast du lange gezögert, als man dir die Stelle angeboten hat?

Raunig: Als mir ein alter Freund erzählte, dass AustrianStartups einen neuen Geschäftsführer sucht hatte ich schon im ersten Moment ein Gefühl gehabt, dass diese Herausforderung richtig gut zu mir passen würde. Das Angebot wurde dann immer konkreter und im Dezember musste ich mich schließlich entscheiden. Es hat mir zwar einige schlaflose Nächte bereitet, aber für mich war am Ende ausschlaggebend, dass ich meine Stärken wohl noch besser ausspielen kann, wenn schon ein bisschen ein Fundament da ist, auf das ich aufbauen kann. Und bei AustrianStartups ist bereits sehr viel da! sponsor.bar dagegen befindet sich noch in einer ziemlich frühen Phase und ich sehe mich besser darin, etwas größer zu machen und Strukturen auszubauen, als ganz konzeptionell zu arbeiten. Außerdem hat sponsor.bar zu zweit weniger „Burn“, also weniger laufende Kosten zu decken, wenn sie vorerst nur zu zweit weiterarbeiten. Und wer weiß vielleicht schließe ich mich ihnen in Zukunft ja irgendwann wieder an. Im Moment war es jedoch, denke ich, die richtige Entscheidung für mich und auch das Feedback aus der Community stimmt mich sehr positiv.

Austrian Startup ist ja mittlerweile DIE inoffizielle Interessensvertretung schlechthin…

Raunig: [unterbricht mich] Interessensvertretung klingt sehr nach Funktionären und so. Wir sehen uns eher als das Sprachrohr der österreichischen Startups!

Stimmt, die Beschreibung trifft eher zu. Nimmt dieses Sprachrohr Austrian Startups also die aktuelle Bewegung in der Szene wahr?

Raunig: Derzeit kommt da Extrem viel Bewegung rein. Immer mehr junge Leute streben nicht mehr den klassischen Karriereweg an, sondern wollen selbst ihre Ideen verwirklichen und einen Impact schaffen. Auch in der Politik wurden in letzter Zeit einige gute Impulse gesetzt, die meiner Meinung nach zwar noch nicht ausreichen, aber die Richtung stimmt auf jeden Fall. Zudem haben Startups für die Corporate Seite große Bedeutung erlangt und immer mehr eingesessene Unternehmen investieren bereits sehr früh in sie.

Welche Zukunftspläne hast du für Austrian Startups?

Raunig: Zunächst wollen wir bestehende Services, also Support für Startups, Kooperation mit der Politik und Kontaktvermittlung zwischen etablierten Unternehmen und Startups, erhalten und sinnvoll erweitern. Wir wollen vermehrt in den Bundesländern tätig werden und uns international stärker positionieren, um ausländische Startups nach Österreich zu locken und umgekehrt österreichische Startups beim Sprung ins Ausland zu unterstützen. Langfristig sehe ich AustrianStartups auch als Denkfabrik, die das Ökosystem daten- und faktengetrieben untersucht.  Wir wollen dabei helfen, die richtigen Maßnahmen zu entwickeln, um Österreichs Startups besser zu unterstützen und auch deren positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft abbilden. Österreich soll sich zu einem echten Startup Hotspot entwickeln, da gilt es Awareness zu schaffen, dass es sich hierbei nicht bloß um einen Hype handelt, sondern dass innovative Jungunternehmen langfristig zum Erfolg des Standortes beitragen und unsere Zukunft mitgestalten.

Apropos Zukunft wie siehst du die Rolle der Digitalisierung?

Raunig: Wir erleben gerade weitreichende Veränderungen. Ich glaube selbst Experten können nicht wirklich voraussagen wie sich unser Alltag durch den Digitalen Wandel verändern wird. Viele Prozesse werden in Zukunft nicht mehr von Menschen erledigt werden müssen. Aktuell fehlt es den künstlichen Intelligenzen jedoch noch an, wie man so schön sagt, Hausverstand. Auch wenn viele Arbeitsplätze wegfallen werden, müssen wir beachten, dass die Digitalisierung unseren wirtschaftlichen Output erhöht und maßgeblich dazu beitragen kann weltweite Armut zu verringern und Wohlstand zu stärken. Es ist vielleicht die größte Herausforderung dieses Jahrhunderts diesen Wandel so zu gestalten, dass alle davon profitieren und kein Klassenkampf zwischen Digital Natives und Digital Immigrants entsteht. 

Dir ist mit deinem Startup Eagr zwar keinen Durchbruch gelungen, dennoch hast du die Erfahrung mitgenommen und dich gleich in ein neues Projekt gestürzt und das offensichtlich mit Erfolg. Hast du zum Abschluss einen Ratschlag für andere Gründerinne und Gründer?

Raunig: Man muss sich stets bewusst sein, dass ein Startup mit Risiko verbunden ist. Wenn es einmal nicht klappt geht die Welt nicht gleich unter, man muss daraus lernen und es beim nächsten Mal besser machen. Mein Team bei Eagr und ich waren immer begeistert von der Idee und wollten etwas bewegen. Genau diese Begeisterung muss man mitnehmen, um im nächsten Anlauf erfolgreicher zu sein!