KinCon biolabs – I.E.C.T. Sonderpreis S&B Award 2022

Eduard Stefan im Gespräch mit dem Rudolf Sallinger Fonds

KinCon biolabs Kernteam (Alexandra Fritz, Philipp Tschaikner, Eduard Stefan; v.l.n.r.)

Alexandra Fritz (vorne), Philipp Tschaikner, Eduard Stefan (hinten, v.l.n.r.); ©Victor Malyshev

 

Viele Krebspatient:innen entwickeln im Zuge ihrer Behandlung Resistenzen, die eine Therapie weniger effektiv machen. Um effizientere Medikamente zu entwickeln, braucht es präzisere Ansätze, die zudem das mögliche Mutationsspektrum in den Medikamentenentwicklungsprozess oder die Therapie miteinbeziehen. Einen solchen Ansatz liefert KinCon biolabs. Das Spin-off der Universität Innsbruck hat eine auf den/die Patient:in abgestimmte Lösung entwickelt, um herauszufinden welches zukünftige Medikament welches mutierte Protein, z.B. Onkoproteine, am besten blockiert. KinCon biolabs verwendet dabei ein Reportersystem, das im Zellkulturmodell funktioniert. Bindet ein Medikamentenkandidat an das zu blockierende Protein, dann beginnen die Zellen zu leuchten. Mit dieser patentierten und genetisch-kodierten Reporterplattform kann man die Wirksamkeit von Wirkstoffen in Abhängigkeit von entsprechenden Patientenmutationen systematisch bestimmen.

 

Rudolf Sallinger Fonds: Im vergangenen Jahr habt ihr den I.E.C.T. Sonderpreis beim S&B Award 2022 gewonnen. Wie hat sich KinCon biolabs (mit seinem gesamten Team) seither weiterentwickelt?

Eduard Stefan: Nach dem S&B Award waren wir im Mentorenprogramm des weltweit aktiven Creative Destruction Lab (CDL-Berlin). In diesem kompetitiven Programm unterstützen erfolgreiche Mentor:innen, Investor:innen und Entrepreneur:innen die Ausrichtung visionärer, neu gegründeter Unternehmen. Mit der Idee, ein Biotech-Unternehmen zu werden, das ausschließlich Morbus Parkinson und Lungenkrebs adressiert, sind wir angetreten. Der Input des CDL-Berlins hat uns in eine neue Richtung dirigiert, die mit einer technologischen Revolution zu tun hat, die uns alle betrifft – Künstliche Intelligenz (KI). Auch die Biotechnologie bleibt von diesen Veränderungen nicht unberührt. Der Einsatz von KI zur Entwicklung neuer Medikamente ist hierbei ein bedeutender Schritt. Viele neue KI-Unternehmen machen sich auf den Weg, neuartige Medikamente gegen die sogenannten undruggable Proteine zu entwickeln.

Nun kommt KinCon biolabs ins Spiel: Mit unserer Technologie können wir vorhersagen, ob der entwickelte Wirkstoff in den lebenden Zellen (Zellkultur) tatsächlich an der richtigen Stelle des Proteins andockt und z.B. das deregulierte Onkoprotein blockiert. Daher erweitern wir momentan  unsere zell-basierte Reporterplattform, um in Partnerschaften mit ebensolchen Biotech-Firmen die Entwicklung dieser neuartigen Medikamente zu unterstützen. Ziel ist es, schneller wirksame und personalisierte Medikamente zu identifizieren, die dann hoffentlich auch den Weg in die Klinik finden.

Neben unserer aws Preseed Förderung haben wir die ersten beiden Pilotprojekte gelauncht und mit der kürzlich erhaltenen Health Hub Tirol Förderung (Standortagentur Tirol) die Basis geschaffen, um in den nächsten zwei bis drei Jahren nach neuartigen Medikamenten zu suchen oder Kandidaten zu validieren.

 

Was konntest du aus der I.E.C.T. Summer School mitnehmen?

Bei der I.E.C.T. Summer School haben wir unser Österreich-Netzwerk an Gründer:innen gut erweitern können. Es war toll, sich mit Entrepreneur:innen anderer Bundesländer und über Österreichs Grenzen hinaus auszutauschen und ihre Geschichten und Herausforderungen kennenzulernen.

Die lokalen Kontakte, die wir dort geknüpft haben, haben sicherlich auch maßgeblich dazu beigetragen, strategische und zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen und eine neue Ausrichtung anzusteuern (mit dem Fokus unsere Technologie-Plattform auszubauen).

 

Welche neuen Erkenntnisse haben sich in den vergangenen Monaten in eurer Forschung ergeben?

Als akademische Forscher:innen haben wir uns mit KinCon biolabs anfangs auf das sogenannte Proof of Concept fokussiert. Die Definition des Marktes für die nunmehr patentierte KinCon Technologie war und ist immer noch eine der größten Herausforderungen. Wir glauben aber, jetzt unseren USP (unser Alleinstellungsmerkmal) bei der maßgeschneiderten Medikamentenentwicklung gefunden zu haben.

Neben den Erfahrungen beim Creative Destruction Lab, bei der I.E.C.T. Summer School und den schöpferischen Interaktionen mit unseren neuen Mentoren Alexander, Martin, Marco und Stephan, waren auch erste Kontaktaufnahmen mit großen Pharmafirmen, denen wir unsere Technologie präsentiert haben, wegweisend. In diesen Gesprächen ist uns klar geworden, wo es den sogenannten NEED gibt, und dass unsere Technologie auch für die Suche nach neuartigen Krebsmedikamenten hilfreich sein kann.

 

Im vergangenen Jahr hattet ihr die Vision, ein Kleinstunternehmen im Hochtechnologiebereich mit Sitz in Tirol zu etablieren. Was ist aus dieser Vision geworden?

Unser Plan ist es weiter zu wachsen. Wir haben uns um eine weitere FFG-Förderung beworben – wenn das etwas wird, werden wir unser Team ausbauen. Ziel ist es, in den nächsten Jahren mit einem Team von bis zu zehn Personen diese genannten Herausforderungen der Medikamentenentwicklung anzugehen. Der Vorteil der von uns angewendeten Biotechnologie ist, dass wir den Prozess miniaturisieren und automatisieren können. Wir glauben, dass wir dadurch auch mit einem kleinen Team schlagkräftig die Zellen zum Leuchten bringen können, um die wirksamsten Medikamentenkandidaten zu identifizieren.

 

Welche unternehmerischen Ziele habt ihr euch für 2024 gesetzt?

2024 möchten wir einen großen Auftrag an Land ziehen und eine Partnerschaft mit einem internationalen Pharma-/Biotech-Unternehmen eingehen, das mit unserer Unterstützung bessere (im Sinne von wirksamere) Medikamente auf den Markt bringen möchte.

Aktuell sind wir mit Firmen in den USA, Japan, China und Deutschland im Austausch. Wenn sich eines dieser der Gespräche in Richtung B2B-Partnerschaft entwickeln würde, wäre das ein Wahnsinnserfolg.

Wir sind ein Universität Innsbruck Spin-off. Doktorand:innen in meinem akademischen Team validieren und publizieren zudem sehr erfolgreich die Konzeptstudien. Mit einem weiteren Förderansuchen bei der FFG für einen Industrial PhD wollen wir unsere Liaison mit unserer unterstützenden Alma Mater weiter stärken. Studierenden die Möglichkeit zu vermitteln, im eigenen Unternehmen Visionen in die Wirklichkeit umzusetzen, ist mir ein großes Anliegen. Ich glaube der größte Fehler liegt oft darin, etwas nicht zu wagen und die Vision in der Schublade aufzubewahren.

Entrepreneur zu werden ist definitiv eine Achterbahnfahrt. Jeden Tag nehmen wir einen anderen Loop oder eine unerwartete Kurve. Es ist für uns, unser engagiertes Team und unsere visionären Mentoren aber eine fesselnde und faszinierende Reise, wobei das Spannendste noch auf uns wartet!

https://www.kincon-biolabs.eu/