Das Gründerteam von Aquaponix, Sieger der Future Founders Challenge 2016, tüftelt derzeit an ihrer Aquaponik-Anlage, einem geschlossenen Kreislauf aus Fischzucht und Pflanzen-/Gemüseanbau, der eine hocheffiziente und umweltfreundliche Produktion von Lebensmitteln möglich macht. Das von den Fischen in deren Becken erzeugte „Abwasser“ wird über eine Pumpe und einen Filter mit Bakterien in das Becken der Pflanzen weitergeleitet und für diese verfügbar gemacht. Dieser perfekte Nährboden lässt Gemüse gedeihen und kommt letztendlich wieder als sauberes Wasser zurück in den Behälter der Fische und der Zyklus beginnt von neuem!
Ihre Vision ist es, den vielen ungenützten Raum, vor allem die zahlreichen Dachflächen aber z.B. auch leerstehende Lagerhallen, in Wien und in weiterer Folge auch in einigen anderen europäischen und internationalen Städten produktiv verfügbar zu machen. Ganz dem Trend des „Urban Gardening“ folgend wollen sie eine ultra-lokale aber wie schon erwähnt auch umweltschonende Lebensmittelproduktion ermöglichen, da dieses System weder Pestizide noch Düngemittel benötigt und einen großen Teil des Wassers im Vergleich zur konventionellen Herstellung spart. Wir haben die zwei Mitgründer Lukas Schabus und Andreas Vojta zum Interview getroffen:
RSF: Ziemlich genau ein halbes Jahr ist es her, dass ihr mit Aquaponix den 1. Platz der Future Founders Challenge gewonnen habt. Welche Entwicklungsschritte habt ihr seither gesetzt?
Lukas Schabus: Für uns war die Initiative des Rudolf Sallinger Fonds sicher in vielerlei Hinsicht eine Bestätigung weiterzumachen. Dort sind wir zum ersten Mal mit unserem Statement zum Urban Gardening in die Öffentlichkeit gegangen und haben dafür Feedback bekommen. Den Leuten gefiel, was wir da machten. Aktuell sind wir auf der Suche nach potentiellen Partnern und führen gerade ein erstes Testprojekt durch.
RSF: In Sektor der urbanen Landwirtschaft tut sich derzeit so einiges. Ihr selbst kennt durch Teilnahmen an Bewerben wie beispielsweise dem Climate Launchpad mittlerweile auch andere Projekte die in diesem Bereich tätig werden. Was halte ihr von solchen Mitbewerbern?
Lukas Schabus: Wir sehen da prinzipiell keine Konkurrenzsituation. Vielmehr ist es uns wichtig einen Akzent und einen Input zu schaffen der in den Köpfen der Menschen zu einem Umdenken hin zur regionalen Produktion führt. Wir freuen uns über jeden des sich dem Urban Gardening anschließt, denn je breiter dieses gestreut ist und je mehr Leute wir mit ins Boot nehmen können, desto schnell und größer wir unser Fortschritt und in weiterer Folge auch der gesellschaftliche Nutzen daran sein.
RSF: Wie geeignet ist der Standort Wien für eure weiteren Entwicklungsziele?
Andreas Vojta: Wien ist natürlich österreichweit der Hotspot für Startups und die dynamischen und kreativen Menschen, die dahinter stehen. Doch auch für den deutschsprachigen und in weitere Folge für den europäischen Raum bietet es einen ausgezeichneten Ausgangspunkt. Für uns ist speziell wichtig, dass wir uns hier bei vielen Gelegenheiten einer großen Personenanzahl präsentieren und diese für unsere Idee begeistern können.
RSF: Ihr habt bereits euren Prototypen angesprochen, was kann man sich darunter bereits vorstellen?
Lukas Schabus: Wir testen gerade in Kooperation mit einem Freund von mir unser erstes vollständiges Aquaponik-System. Als Fischart verwenden wir dafür den Wels. Das Becken haben wir bewusst klein gehalten um noch mehr Feeling für die einzelnen Komponenten zu bekommen. Besonders das Pumpensystem, der PH-Wert des Wassers und die Verschmutzung durch die Fischexkremente müssen genau analysiert werden. Auf Basis dieser Erfahrungen wollen wir anschließend unser Pilotprojekt starten, in das wir auch das Preisgeld aus der Future Founders Challenge investieren werden.
RSF: Es braucht vielerlei Fachkenntnis, um ein solches Projekt auf die Beine zu stellen. Wie sieht euer Team derzeit aus?
Andreas Vojta: Unser Kernteam ist seit der FFC gleich geblieben. Die 4 Personen kommen von WU, TU und BOKU. Diese Interdisziplinarität sehen wir als großen Vorteil, da wir zusammen sehr viele Fachbereiche abdecken. Jeder von uns hat zudem in seinem eigenen Bereich wertvolle Kontakte und einen raschen Zugriff auf externes Wissen, sollte solches benötigt werden.
RSF: Gibt es eine konkrete Position, die euch noch fehlt?
Lukas Schabus: Ein Statiker. Unsere Vision ist es ja, dass wir Aquaponik-Systeme in den Städten auf leeren Dachflächen zu integrieren. Zur ausgeglichenen Lastenverteilung werden einen Experten hinzuholen müssen.
Andreas Vojta: Dieser Themenbereich ist besonders kritisch, da dabei auch viel schiefgehen kann. Wenn ein Fisch einmal erkrankt, dann kann man das schon mal in Kauf nehmen, den Einsturz eines Daches jedoch nicht. Daher streben wir in Zukunft eine Kooperation mit einem externen Statiker an. Dies ist auch ein weiterer Grund, weshalb wir uns aktuell noch mit der Miniaturanlage beschäftigen, um uns anschließend Schritt für Schritt zu einer skalierbaren Pilotanlage steigern.
RSF: Wie seht ihr generell die Situation von Ökostartups in Österreich?
Andreas Vojta: Wir wissen, dass das nicht nur eine Marktnische ist, sondern ein großer Trend in Richtung Nachhaltigkeit und hauseigener Lebensmittelproduktion geht. Besonders im urbanen Raum werden Systeme wie das unsere aufgrund von Platzproblemen immer attraktiver. Auch große Unternehmen haben bereits Interesse an Urban Gardening, nur gibt es derzeit noch niemanden, der Ihnen aus einer Hand eine Komplettlösung bieten kann.
RSF: Wie wird die städtische Landwirtschaft eurer Meinung nach in 10 Jahren aussehen?
Lukas Schabus: Das wird natürlich stark von der jeweiligen wirtschaftlichen und politischen Situation abhängen. Generell sehe ich aber nicht nur unter Foodies und Hipsten, sondern auch von der breiten Masse großes Interesse an nachhaltiger Lebensmittelproduktion. Die Leute entwickeln mehr und mehr ein Bewusstsein für ihre Nahrung und deren Herkunft bzw. Produktion. Unsere Vision ist es, dass in Zukunft ein zehn Parteien Wohnhaus gemeinsam ein Aquaponik-System betreibt. Am Dach stünde dann die Anlage und im Keller Kühlschränke aus denen die Hausbewohner ihre eigenen Fische und ihr eigenes Obst und Gemüse entnehmen können. Mit Hilfe eines digitalen Verteilungssystems würde sich jeder nur das daraus nehmen, was er wirklich benötigt. Vom Platzmangel in der Produktion über die Lebensmittelverschwendung bis hin zur Kühl- und Transportkette kann unser System dabei helfen, zahlreiche Probleme im urbanen Bereich zu beseitigen.