Holloid Gründungs-Team (v.l.n.r.: Peter van Oostrum, Pinar Frank, Erik Reimhult, Marcus Lebesmühlbacher), © Holloid
Holloid ermöglicht produzierenden Unternehmen automatisierte 3D-Mikroskopie von mikrometergroßen Objekten wie Bakterien, Zellen und Partikeln. Das Startup stellt Daten für die Bioprozesskontrolle bereit, indem Art, Konzentration und Zustand von Mikroorganismen in der Bioproduktion überwacht werden. Anwendungen reichen von der Forschung und Entwicklung bis zur Qualitätskontrolle, von Medikamenten und Impfstoffen, über sicheres Trinkwasser, nachhaltige Lebensmittel, bis zu chemischen Erzeugnissen.
Holloids patentierte Software und Hardware revolutionieren die Überwachung mikrobiologischer Prozesse. Diese Schlüsseltechnologie ermöglicht der nachhaltigen Bioökonomie weltweit den nächsten Durchbruch, spart Ressourcen und rettet Leben, so die Gründer.
Rudolf Sallinger Fonds: Im vergangenen Jahr wurde Holloid beim S&B Award 2022 zum Gesamtsieger gekürt. Was waren die größten Meilensteine der vergangenen Monate – wie hat sich euer Projekt seither weiterentwickelt?
Marcus Lebesmühlbacher & Peter van Oostrum: In den vergangenen Monaten ist unser Team weiter gewachsen. Schlüsselteammitglieder hatten wir schon zur Zeit des S&B Awards 2022. In den letzten Monaten haben wir weitere hochqualifizierte Teammitglieder für Software, Hardware und Analytik gewonnen. Aktuell haben wir ein Team von zwölf Personen.
Neben dem S&B Award haben wir auch noch andere Preise erhalten. BASF hat uns als internationalen Sieger des Innovation Hub auserkoren. Kürzlich wurden wir BOKU Startup des Jahres. Beim Startup World Cup waren wir regionale Gewinner. Die #glaubandich Challenge haben wir in der Kategorie Industry, AI & Robotics gewonnen. In ihrer Rolle an der BOKU wurden Peter und Erik außerdem für den renommierten Houskapreis nominiert. Wir haben also viel Anerkennung für unsere bisherige Arbeit erhalten.
Die wichtigste Anerkennung ist aber die, die uns von unseren Zielkunden entgegengebracht wird. Unternehmen aus der Branche, die teilweise sogar mit uns konkurrieren, sind von unserer Technologie begeistert. Von ihnen erhalten wir laufend sehr positive Rückmeldungen zu den einzigartigen Fähigkeiten unserer Software und unseren raschen Fortschritten.
Darüber hinaus haben wir in der Zwischenzeit aws Seedfinancing, eine Innovationsförderung der Wirtschaftsagentur Wien und eine FFG Kleinprojektförderung erhalten. Für größere EU-Förderungen haben wir schon eingereicht, hier warten wir auf Rückmeldung.
Auf welche Märkte wollt ihr euch in Zukunft besonders fokussieren und warum gerade diese?
Große Pharmaunternehmen haben einen Bedarf, den wir mit unserer Technologie außerordentlich gut abdecken können. Daher haben wir unseren Fokus in einem ersten Schritt etwas weg von der Mikroalgen-Kultivierung hin zur Pharmaindustrie gelegt.
Auch große Equipment-Hersteller, insbesondere Analytik-Hersteller, kennen den Markt gut, auch über die Pharma- und Lebensmittelbranche hinaus. Sie wissen am besten, was sie selbst nicht leisten können. Dort kommen wir ins Spiel und laufen bei ihnen offene Türen ein, weil wir um ein Vielfaches schneller sind und analytische Ergebnisse liefern, die sie mit ihren bestehenden Produktportfolios nicht abdecken.
Ein bisschen weiter in der Zukunft liegen für uns Märkte außerhalb der Pharmabranche, die mit Bioreaktoren zu tun haben. Dazu gehört die Lebensmittelbranche, wo viele große Unternehmen, aber auch Startups und Scaleups zu finden sind. Sie benötigen Mess- und Analytik-Lösungen für die Erfüllung ihrer eigenen ambitionierten Entwicklungsziele, haben sie selbst aber oft nicht. In den vergangenen zwei Monaten haben wir zwölf Absichtserklärungen (Letters of Intent) von sehr großen und innovativen Unternehmen erhalten, die bestätigen, dass sie mit Holloids Technologie bis zu 100 Prozent Produktivitätssteigerung bei konstantem Input erwarten. Das ist schon gigantisch.
Ihr wolltet innerhalb von 2 Jahren (bis Herbst 2024) Marktreife erlangen und 2023 erste Pilotprojekte initiieren. Wie ist euch dieses Vorhaben bislang geglückt?
Wir sind im Plan, haben aber definitiv noch viel vor uns. Marktreife zu erlangen, ist für ein Hochtechnologie-Startup mit Software- und Hardware-Komponenten, wie wir es sind, mit großen Herausforderungen verbunden. Das ist eine echte Mammutaufgabe. Wir wollen nichts überstürzen und bei diesem Plan bleiben. Im Plan zu sein ist schon ein großer Erfolg.
Welche unternehmerischen Ziele habt ihr euch für 2024 gesetzt?
Wir wollen 2024 große zahlende Kund:innen gewinnen, die für analytische Ergebnisse Geld zahlen. Das sollten wir in einem Ausmaß erreichen, in dem wir unser Geschäftsmodell bestätigt sehen und einen weiteren Schritt in Richtung Marktreife und Skalierung gehen. Eine volle Skalierbarkeit „von der Stange“ werden wir 2024 noch nicht erreichen, aber mit einem MVP können wir verlässlich erste große zahlende Kund:innen an Land ziehen und Daten für sie liefern. Wichtig dabei ist: wir haben eine klare Priorisierung unserer Ziele. Aktuell starten wir mit Zellzahlmessungen für Pharmaindustrie und äquivalente Anwendungen. Alles Weitere folgt.
Wir sind noch komplett in Eigentümer- und Gründerhand. Somit erreichen wir wichtige Meilensteine in der Entwicklung und am Markt schon vor einem ersten für 2024 geplanten Venture Capital Investment.
Holloid ist ein echtes Impact-Startup. In welchen Bereichen könnt ihr mit eurer Technologie einen signifikanten Unterschied machen?
Wir sehen uns als Impact-Startup in mehrerlei Hinsicht: unser Produkt kann in vielen Bereichen zur Anwendung kommen, in denen Hygiene eine Rolle spielt. Dazu zählen beispielsweise die Lebensmittel- oder Pharmabranche. Gängige Testmethoden brauchen selbst heute noch drei Tage und viel manuellen Aufwand von der Probennahme bis zum Ergebnis, so dass nur relativ kleine Proben in großen Zeitabständen analysiert werden. Dabei ist es selten auszuschließen, dass Krankheitserreger unbemerkt bleiben. Das bedeutet ein Risiko für Konsument:innen und Produzent:innen. Mit unserer Technologie können wir die Gesundheit und die Lebensmittelsicherheit auf ein noch höheres Niveau heben.
In der Pharmabranche können wir dabei unterstützen, schneller bessere Forschung (und später auch Produktion) zu betreiben, wodurch Menschen rascher dringend benötigte Medikamente erhalten.
Mit unserer Technologie kann die Lebensmittelproduktion vor allem im Bereich von alternativen Proteinen, Milch- oder Milchersatzprodukten und künstlichem Fleisch effizienter und mit Blick auf CO2, Land- und Wassernutzung schonender gestaltet werden. Auch Biodiversität spielt hier eine große Rolle.
Längerfristig kann unsere Technologie bei der frühzeitigen Erkennung von Umwelt- und Naturkatastrophen, wie die Ursachen für das Fischsterben in der Oder 2022, helfen.
Die Menschheit wird künftig mittels synthetischer Mikrobiologie und künstlicher Intelligenz ganz neue Produkte und Wertschöpfungsketten erschaffen. Holloid wird dabei eine zentrale Rolle spielen.