Das Start-up UGP materials hat es sich zum Ziel gesetzt, die industrielle Produktion von Hochleistungskunststoffen mit der hydrothermalen Polymerisation zu verändern. Mit Hilfe dieses Verfahrens sollen Kunststoffe und andere Werkstoffe umweltschonender und qualitativ hochwertiger produziert werden können. Das aus dem Start-up entstandene Produkt CRYS ermöglicht die Herstellung von Kompositprodukten bei gleichzeitiger Steigerung mechanischer, thermischer und chemischer Resistenzen im Endprodukt.
Der Rudolf Sallinger Fonds hat mit UGP materials-Gründer Dietmar Gombotz ein Interview geführt, um herauszufinden, wie sich die Geschäftsidee sei dem S&B Award 2018 weiterentwickelt hat:
Vor nicht ganz einem Jahr haben Sie als Gesamtsieger den S&B Award 2018 gewonnen. Was hat sich seitdem bei Ihnen unternehmerisch getan?
Dietmar Gombotz: Der S&B Award hat maßgeblich dazu beigetragen, dass wir unsere Arbeit in den vergangenen Monaten deutlich vorantreiben konnten. Wir haben mehrere Kooperationspartner an Land gezogen, mit denen wir unterschiedlichste Projekte in der Pipeline haben.
Die letzten Monate haben wir auch dazu genutzt, unsere Unternehmensgründung voranzutreiben, die TU Wien bleibt als Shareholder mit an Bord. Seit Mitte März haben wir einen eigenen Produktionsleiter. Eine Laborfläche für die erste Produktion zur Skalierung über den Labormaßstab hinaus folgt im April.
Welche Entwicklungsschritte haben Sie seither gesetzt? Haben Sie bereits expandiert?
Dietmar Gombotz: Wir haben einige Testläufe gestartet, um zu sehen, wie sich unser Produkt in unterschiedlichen Umgebungen verhält und wie wir es in Polymer-Kompositen im High Performance Bereich sinnvoll einsetzen können. Von großer Bedeutung war, unsere Prozesse zu skalieren und herauszufinden, wie wir von einem Labor- auf einen Kleinproduktionsmaßstab kommen können. Das Produktionsverfahren selbst ist relativ einfach, aber je nach Skalierung ergeben sich unterschiedlichste Problemstellungen, die technisch anders behandelt werden müssen.
Man kann sagen, dass wir mit unseren Kooperationsprojekten derzeit mitten in der Expansion stecken. Ziel ist natürlich, aus den Kooperationspartnern echte Kunden zu machen, die unser Produkt nachhaltig regelmässig kaufen und mit uns gemeinsam die Produktentwicklung vorantreiben.
Wie hat sich der Markt für ihr Verfahren entwickelt?
Dietmar Gombotz: Der Markt ist relativ schwierig zu definieren da unser Produkt sehr vielfältig anwendbar ist. Es gibt verschiedene relevante Märkte wie beispielsweise den Polymer-Komposit-Lagermarkt (Kugellagermarkt), der zwischen 5% und 7% gewachsen ist. Auch im globalen High Performance Polymer-Markt erkennen wir starkes Wachstum von über 5%. Im Grunde genommen ist der Materialsektor eine boomende Branche.
Die Kompetenzen für die verschiedensten Märkte sind auf hochtechnologisierte geographische Regionen wie Europa, Kanada, die USA, Südkorea oder Japan verteilt. Speziell in Deutschland gibt es im Bereich des Maschinenanlagenbaus Zulieferbetriebe, die absolute Marktführer sind. Wir stehen daher auch in regem Austausch mit einem potenziellen Kooperationspartner aus Deutschland, der den für uns sehr spannenden Polymer-Lagermarkt bedienen kann.
Welche unternehmerischen Ziele haben Sie sich für 2019 gesetzt? Was brauchen Sie dazu?
Dietmar Gombotz: Momentan sind wir in der Vorbereitung für den Roll Out. In den nächsten Monaten gilt es, die komplette Analyse für die wichtigsten Einsatzgebiete von CRYS in üblichen Kompositmatrizen fertigzustellen und eine solide Datenbasis für übliche Komposite zu definieren. Das hilft uns dabei, auf Anfragen potenzieller Kunden schneller reagieren und Empfehlungen für ihre jeweiligen Anliegen aussprechen zu können.
Unsere Anlage soll außerdem auf zwei Skalierungsstufen ausgebaut werden und wir müssen weitere angewandte Forschung leisten, um mit dem Produkt den extakten Markt zu treffen.
Momentan testen wir noch mehrere mögliche Nischen für den Einsatz von CRYS ab, sie finden sich zum Beispiel im Automobilbereich oder auch im Bereich der Herstellung von Smartphones. Im Idealfall können wir unseren Roll Out 2020 in zwei Nischen starten.
Welche Kundenbedürfnisse können Sie mit Ihren verschiedenen Polymerklassen abdecken?
Dietmar Gombotz: CRYS ermöglicht unseren Kunden Kompositprodukte herzustellen um extrem hochwertige Anforderungen abzudecken. Dies ermöglicht ihnen wettbewerbsfähig zu bleiben oder zu werden. Mit Hilfe unseres Produktes werden mechanische, thermische und chemische Resistenzen im Endprodukt gesteigert – bei gängigen Lösungen zur Leistungssteigerung können letztere Eigenschaft oft nicht simultan verbessert werden.
Unser Produkt erzielt daher eine deutlich größere Schnittmenge mechanischer, thermischer und chemischer Resistenzen. Das heißt zum Beispiel, dass unsere Kunden durch den Einsatz unseres Produktes ein Endprodukt anbieten können, das dieselben Eigenschaften wie vorher besitzt, dabei aber beispielsweise viel leichter ist.
Polymer-Komposite sind außerdem dazu in der Lage, Keramikmaterialien abzulösen. Die Verarbeitung von Keramik ist extrem aufwendig, beim Qualitätsmanagement gibt es zum Teil große Probleme – der kleinste Riss reicht aus, um nochmal von vorne starten zu müssen. Mit Polymer-Kompositen können wir auf Standardverfahren setzen, die einfacher und günstiger sind und darüber hinaus geringeren Wartungsbedarf haben.
Hat Ihr Verfahren das Potential umweltschädliche Plastikerzeugung abzulösen? Wie genau kann das funktionieren?
Dietmar Gombotz: Im Herstellungsprozess unterscheiden wir uns deutlich von anderen Plastikherstellern. Bei der Herstellung von Hochleistungsplastik werden üblicherweise toxische Katalysatoren verwendet. Da unsere Polymer-Partikel jedoch in Wasser hergestellt werden sind die Auswirkungen auf die Umwelt deutlich geringer.
Das fertige Endstück selbst verfügt über dieselbe Recyling Problematik wie andere Polymer-Komposite. Der Vorteil bei Verwendung von CRYS in Kompositwerkstücken ist neben der Herstellung aber auch, dass sie wir die Einsatzdauer erhöhen und allein dadurch weniger Müll erzeugt wird.