Angel Valve Projekt – S&B Award Top 10 Team 2018

Das Angel Valve Project wurde vom österreichischen Herzchirurg Prof. DDr. Werner Mohl gegründet und arbeitet an minimalinvasiven Lösungen für die Korrektur spezieller Herzklappenfehler.

Mitral Butterfly heißt das erste Produkt, das aus diesem Projekt hervorgegangen ist. Mitral Butterfly ist ein Implantat zur Korrektur einer undichten Mitralklappe (eine von vier Herzlappen). Das Implantat wird individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasst und mittels minimalinvasiver Operationsmethoden ins Herz eingebracht.

Der Rudolf Sallinger Fonds führte mit Johanna Ticar vom Angel Valve Project ein Interview, um herauszufinden, wie sich die Geschäftsidee sei dem S&B Award 2018 weiterentwickelt hat:

 

Vor rund einem halben Jahr wurde Ihr Team beim S&B Award 2018 unter die Top 10 gewählt. Welche Entwicklungsschritte haben Sie seither gesetzt?

Johanna Ticar: Seit der Nominierung beim S&B Award ist viel passiert. Wir haben mit dem FFG Basisprogramm und der AWS Förderung zwei weitere große Förderungen erhalten, die die Entwicklungsarbeit auch in Zukunft auf gute finanzielle Beine stellen. Momentan befinden wir uns außerdem kurz vor Abschluss der ersten großen Finanzierungsrunde mit Business Angels.

In den letzten Monaten haben wir unseren Prototyp immer weiterentwickelt, die letzte Version wurde im Jänner erfolgreich mittels delivery system direkt ins Herz eingebracht. Wir haben gesehen, dass unser Produkt funktioniert, es gibt aber sicherlich noch Verbesserungsmaßnahmen, die wir umsetzen müssen. Der nächste Prototyp soll noch im März getestet werden.

 

Welche Ziele haben Sie sich für 2019 und die kommenden Jahre gesetzt?

Johanna Ticar: In diesem Jahr möchten wir chronische (Langzeit-) Tierstudien erfolgreich abschließen und unser Team vergrößern. Damit wir weiterhin effektiv arbeiten können, brauchen wir mindestens zwei weitere Engineers und einen internationalen CEO mit fundiertem Expertenwissen aus der Medizintechnikindustrie. Außerdem wollen wir gerne eine weitere Finanzierungsrunde mit Ende des Jahres starten, um benötigtes Entwicklungsgeld zu lukrieren. Unser Produkt Mitral Butterfly® ist ein Hochrisikoprodukt (Klasse III Medizinprodukt), für das viele Testungen erforderlich sind – auch aus regulatorischer Sicht. Das macht die Entwicklung bis hin zum marktreifen Produkt sehr kostspielig.

Wenn alles klappt, möchten wir ab 2021 mit der ersten klinischen Studie starten, im Rahmen derer Mitral Butterfly zum ersten Mal am Menschen angewendet wird.

 

Wie geeignet ist der Standort Wien für Ihre weiteren Entwicklungsziele?

Johanna Ticar: In Wien werden kaum ähnliche Produkte (kardiovaskuläre Implantate aus Nitinol) entwickelt, daher ist die Rekrutierung von Experten in der Herzklappenentwicklung eine Herausforderung. Wir setzen daher auch auf Entwicklungspartner aus dem Ausland, die über langjährige Erfahrung in diesem Bereich verfügen.

Die Nähe und Verbindung zur MUW (Medizinische Universität Wien) ist ein großer Vorteil für weitere Entwicklungstätigkeiten. Wir haben hier eine Kooperation mit der Abteilung für Anatomie – das ermöglicht uns die Testung der Implantate im humanen Kadaverherzen.

Unser Hauptsitz wird mit Sicherheit immer Wien sein, wir können uns aber auch vorstellen, eine Niederlassung in den USA zu eröffnen. Der amerikanische Markt ist für unser Produkt sehr interessant und für die Zulassung braucht es klinische Studien vor Ort – da bietet sich ein eigener Standort natürlich bestens an.

 

Es braucht vielerlei Fachkenntnis, um ein solches Projekt auf die Beine zu stellen. Wie sieht Ihr Team derzeit aus?

Johanna Ticar: Zurzeit ist unser Team noch relativ klein. Es besteht aus dem Herzchirurg Professor Mohl, der die Idee zum Produkt und den notwendigen medizinischen Background hat, mir, ich habe mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung von Herzklappen, und weiteren Engineers.

Bis vor kurzem hatten wir auch einen Managing Consultant, den wir nun durch einen CEO ersetzen. Startups im kardiovaskulären Bereich sind sehr speziell und verlangen ein hohes Maß an Expertise im medizintechnischen Bereich – auch um Investoren zu gewinnen, ohne die langjährige Forschungs- und Entwicklungsarbeit nur schwer möglich ist.

 

Wie sehen Sie generell die Situation von medizinischen Startups in Österreich?

Johanna Ticar: So weit ich das beurteilen kann, gibt es einige Startups im medizintechnischen Bereich. Der Unterschied ist meiner Meinung nach, dass es sich oft um Low-Risk-Produkte wie beispielsweise Softwarelösungen oder Apps handelt. Diese Entwicklungen sind mit geringerem Aufwand in der Zulassung verbunden und binden weniger Ressourcen als ein Projekt wie unseres.

Bis man mit einem kardiovaskulären Produkt, wie Mitral Butterfly es ist, überhaupt erst zu einer klinischen Studie oder zu einem marktreifen Produkt kommt, ist sehr viel mehr Zeit nötig. Das macht natürlich auch die Investorensuche ein wenig schwieriger, weil tatsächliche Ergebnisse erst nach Jahren zu sehen sind und vielen Investoren nicht bereit sind in derartig komplexe Projekte zu investieren. Das merkt man oft bei Startup Events, auf denen das Augenmerk vor allem auf  potentielle Märkte und Kunden,Kosten des Produkts,  und Zeitpunkt des Break-Even gelegt wird. Die Entwicklung eines derartigen Implantats ist alles andere als eine Standard-Prozedur und muss daher auch gesondert behandelt werden.