Die Entwicklung eines neuen Medikaments dauert derzeit 10-12 Jahre und kostet rund 2 Milliarden US-Dollar, bei einer Erfolgsrate von nur 5%. Hauptursachen für diese hohen Kosten sind mangelnde Wirksamkeit und unvorhergesehene Toxizität. Für letztere ist ein Standardverfahren, das zur Minimierung des Risikos angewendet wird, die toxikologische Ähnlichkeitssuche. Dabei durchsuchen ToxikologInnen die verfügbare Literatur nach Verbindungen, die strukturell ihrem Entwicklungskandidaten ähnlich sind, um Informationen über potenzielle Gefahren abzurufen. Dies erfolgt derzeit vorwiegend durch manuelle Suche, was zeitaufwändig und sehr fehleranfällig ist.
Mit ToxPHACTS werden jüngste Forschungshighlights in den Bereichen Computational Toxicology & Semantic Data Integration kombiniert, um ein Expertensystem anzubieten, das Pharmaunternehmen dabei hilft, mögliche Nebenwirkungen neuer Entwicklungskandidaten so früh wie möglich vorherzusehen. Im Gegensatz zum derzeitigen Verfahren der toxikologischen Ähnlichkeitssuche nutzt ToxPHACTS innovative Wege der Ähnlichkeitssuche, wie etwa bioisosterische Ähnlichkeit, und erlaubt komplexe Abfragen über mehrere, semantisch integrierte Datenquellen mit nur einem Klick. ToxPHACTS hilft dadurch Zeit, Geld und Tierversuche zu sparen.
ToxPHACTS wurde beim S&B Award 2018 des Rudolf Sallinger Fonds unter die Top 10 Projekte nominiert. Wir durften mit dem Erfinder von ToxPHACTS Gehard Ecker ein Interview führen und sprachen über die weitere Entwicklung seiner Geschäftsidee.
Rudolf Sallinger Fonds: Vor rund einem halben Jahr ist Ihr Team unter die Top 10 des S&B Awards 2018 gekommen. Wie ist es danach weitergegangen?
Gerhard Ecker: Sehr gut. Wir haben das Unternehmen Phenaris, ein Spin-off der Universität Wien, gegründet. Wir haben einen ersten kleinen Service Auftrag erfolgreich abgeschlossen und sind jetzt dabei das Cloud Service für ToxPHACTS zu implementieren. Anfang Dezember haben wir dann noch den zweiten Platz beim Digital Business Trends Award im Bereich Revolution errungen.
Rudolf Sallinger Fonds: Wie wird das Verfahren mit Beta-TesterInnen aufgenommen? Wie viele Beta-TesterInnen haben sich bis dato registriert?
Gerhard Ecker: Noch nicht sehr viele, weil wir das noch nicht massiv beworben haben. Das Produkt war noch nicht so weit. Wir haben in unserem Arbeitsumfeld zwei bis drei, die sich angemeldet haben über die Website. Die mussten wir aber bis dato hinhalten, da das Produkt noch nicht in der Finalversion ausgereift ist und noch nicht zum Testen bereit ist. In unserer Branche hat man nur einen Versuch. Wenn das nicht als Wow-Effekt ankommt, dann muss man sich ein anderes Produkt überlegen. Da bin ich zu sehr Forscher, das traue ich mich noch nicht.
Rudolf Sallinger Fonds: Gibt es schon erste Entwicklungen von Arzneistoffen, die Sie durch Ihr Verfahren verkürzen konnten?
Gerhard Ecker: Nein, aber da muss man dazu sagen, dass die Entwicklung eines Arzneistoffes rund 10 Jahre dauert. Dass sich ein Verfahren durch ToxPHACTS verkürzen lassen konnte, kann man erst in 8 bis 10 Jahre sagen. Wir haben ganz andere Timelines als andere Bereiche, also sprechen wir noch einmal in 10 Jahren darüber.
Rudolf Sallinger Fonds: Ihre Kommerzialisierungsidee hat sich in einem sehr komplexen Markt angesiedelt? Welche Teammitglieder brauchen Sie, um Ihre Geschäftsidee realisieren zu können?
Gerhard Ecker: Derzeit besteht unser Team aus unserer CTO Melanie Grandits, die das Produkt auf der technischen Seite betreut und aus unserer CEO Anika Dangl, die für alle geschäftlichen Bereiche zuständig ist. So wie das Team derzeit aufgestellt ist, passt das gut. Wir brauchen in langfristiger Hinsicht noch Programmierer, die das, was wir in der Forschung machen, in eine stabil laufende Software transferieren und robusten Code schreiben.
Rudolf Sallinger Fonds: Wenn Sie jetzt nochmals mit der Kommerzialisierung einer Forschungsleistung beginnen würden, was würden Sie wieder gleich machen und was würden Sie anders machen?
Gerhard Ecker: Also ich würde sofort wieder zum Start-up Inkubator INiTS gehen und ich würde mich nicht so hetzen lassen mit der Gründung. Wir haben zu früh gegründet, weil das Produkt noch nicht so weit war, um auf den Markt zu gehen.